Schutzacker von Hausen v. d. H.
26. Juni 2021
Dr. Wolfgang Ehmke
Bericht und Fotos von Sabine Neugebauer
Von Saatwucherblume, Ackerspörgel und Sandmohn
Das Ziel lag weiter unten im Tal. Vom Parkplatz Finkenwiese bei Hausen vor der Höhe aus wanderten am Samstag etwa 20 Exkursionsteilnehmer in Richtung Schutzacker. Zu dieser Veranstaltung eingeladen hatten die Bürgerstiftung Unser Land! Rheingau und Taunus und der Nassauische Verein für Naturkunde (NVN) Wiesbaden. Dr. Wolfgang Ehmke, 2. Vorsitzender des NVN und Vorsitzender des Stiftungsrats Bürgerstiftung Unser Land, lotste die Gruppe vorbei an einer typischen Taunuswiese mit der schwarzen Flockenblume, einem Höhenzeiger, und einem kleinen Teich mit der gelb blühenden Teichmummel. Aber er wies auch auf eine alte Röstgrube hin, in der Lein zur weiteren Verarbeitung vorbereitet wurde. Die Klinkert-Buchen, etwa 300 Jahre alt, waren ebenfalls einen Blick Wert. „Sie kommen an die Grenze ihres Lebensalters“, betonte Ehmke, denn einige waren bereits umgestürzt, andere wiesen schon morsche Äste auf. Aber auf der anderen Wegseite war schon „Nachwuchs“ zu sehen, etwa 100-jährige Buchen. Dann erreichte die Truppe den Schutzacker.
Seit einem Jahr 1,4 Hektar Schutzacker
Den Schutzacker hatte die Bürgerstiftung Unser Land! Rheingau und Taunus im vergangenen Jahr als Rückzugsort für bedrohte Arten der Feldflur angekauft. Der Nassauische Verein für Naturkunde Wiesbaden hatte dafür neben zahlreichen privaten Spendern einen namhaften Betrag beigesteuert. Schon seit 2001 hatte der Kulturlandschaftsverein Hausen unter Anleitung von Dr. Wolfgang Ehmke am unteren Rand des Schutzackers einen zehn Meter breiten Streifen als Feld-Flora-Reservat angelegt. Dieser dient nun als Keimzelle für die Ausbreitung der Ackerwildkräuter auf der gesamten Fläche. Zusätzlich wurde jetzt am oberen Rand ein Streifen mit Acker-Wildkräutern wie Acker-Spörgel, Acker-Löwenmäulchen oder Acker-Vergissmeinnicht eingesät. Vom unteren Rand breitet sich auch die Saatwucherblume aus. „Eine große Kostbarkeit“, nannte Ehmke diese kräftig gelb blühende Pflanze, die er dort auf dem Acker schon seit den 1980er Jahren beobachtete. Mit dem roten Klatschmohn, dem roten Sandmohn und der blauen Kornblume zusammen bietet der Acker jetzt ein schönes buntes Bild, das auch zahlreiche Insekten anzieht.
Einer von „100 Äcker für die Vielfalt“
Die Ackerfläche mit 1,4 ha Größe bietet somit beste Voraussetzungen für die weitere Erhaltung und Vermehrung von Ackerwildkräutern in der Region zumal keine Herbizide und Mineraldünger mehr eingesetzt werden. Eingebunden ist das Projekt auch in das bundesweite Netzwerk „100 Äcker für die Vielfalt“. Professor Klaus Werk, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes, bedankte sich bei Ehmke für dessen Einsatz: „Ohne Menschen, die sich hinter ein Projekt klemmen, funktioniert das nicht“. Er sprach sich dafür aus, das Verhältnis von landwirtschaftlicher Produktion und Naturschutz neu zu überdenken. Mit dem neuen Insektenschutzgesetz sei dies ein Schritt in die richtige Richtung ergänzte Ehmke, der das Herbizid Glyphosat als „das Schlimmste“ bezeichnete und das Verbot begrüßte.
Wissenschaftliche Begleitung
Eine wissenschaftliche Begleitung des Projektes gewährleisten die Hochschule Geisenheim University mit Professor Dr. Ilona Leyer sowie einige weitere Fachleute. Jörg Freiling vom NVN hatte sich der Avifaunua im Gebiet angenommen und bisher 28 Vogel-Arten beobachtet. Unter anderem hatte er Schwarzmilan und Schwarzspecht, Dorngrasmücke und Feldlerche, Grünfink und Singdrossel gesehen. Andreas Lang und Alfred Westenberger werden Schmetterlinge und andere Insekten kartieren. Rolf Hussing, Beisitzer im Stiftungsvorstand, betonte, dass das Land Hessen seit 2018 Projekte für bedrohte Arten der Feldflora fördere. Und der fachkundige Gast, Berthold Hilgendorf, bedauerte, dass durch die Anlage so genannter Blühstreifen, die oft fremdländische Pflanzenarten aufwiesen die heimische Wildkrautflora sogar noch zusätzlich verdrängt werde: „Das Problem der Ackerwildkrautflora ist in der Politik noch nicht angekommen“. Er plädierte auch dafür, Übergangstrukturen mit verschiedenen Pflegeintensitäten zu erhalten.