Geologische Zeitreise in die Silurzeit
Exkursion auf dem Geologischen Rundweg im Rabengrund am 25. September 2021
(Fotos: Sabine Neugebauer)
Lieblingsplatz des Landesgeologen
Zu einer Zeitreise der besonderen Art nahm Dr. Heinz-Dieter Nesbor am Samstagnachmittag rund 15 Zuhörer mit. Denn vor 430 Millionen Jahren wurde die Grundlage dafür gelegt, wie heute der Vordertaunus geologisch aufgebaut ist. Auf Einladung des Nassauischen Vereins für Naturkunde (NVN) waren die Wanderer unter Leitung von Dr. Helmut Arnold, Vorsitzender des NVN, von der Haltestelle Nerotal aus in Richtung Rabengrund aufgebrochen, um Wissenswertes und Spannendes über die Geologie der Umgebung zu erfahren. Der erste Halt galt aber dem königlich-preussischen Landesgeologen in Wiesbaden, Dr. Carl Koch (1827-1882). Hier an seinem Lieblingsplatz ein paar Schritte vom Wanderweg entfernt ist ein Gedenkstein aufgestellt, der vom NVN gepflegt wird.
Dr. Helmut Arnold (rechts) berichtet am Koch-Denkmal vom Wirken des königlich-preussischen Landesgeologen in Wiesbaden, Dr. Carl Koch.
Stollen liefern Trinkwasser für Wiesbaden
Arnold wies auf die großen Verdienste Kochs in Bezug auf die Wasserversorgung Wiesbadens hin. Denn Koch hatte die Anlage der vier Stollen, Münzbergstollen, Schläferskopfstollen, Kreuzstollen und Kellerskopfstollen, angeregt, die auch jetzt noch ein Drittel des Trinkwassers für Wiesbaden liefern. Der Münzbergstollen war dann auch der letzte Haltepunkt der Exkursion.
Zusammenstoß von Gondwana und Laurussia
Aber dazwischen tauchten die Teilnehmer tief in die Geologie ein. „Hier stießen zwei tektonische Gesteinskörper zusammen, wurden übereinander und aneinander vorbeigeschoben“, erläuterte Nesbor. Das mache die sogenannte Vordertaunuseinheit so kompliziert. Die Geschichte beginnt vor 430 Millionen Jahren in der Silurzeit, als ein hochexplosives Vulkangebiet, eine Inselkette ähnlich der von Japan, entstand. Während der Variskischen Gebirgsbildung, ca. 100 Millionen Jahre später, wurde das Gebiet beim Zusammenstoß der Urkontinente Gondwana und Laurussia gefaltet, geschiefert und auf Laurussia aufgeschoben. Und so finden sich hier im Bereich des Nerotals und des Rabengrunds Gesteine vulkanischen Ursprungs. Allerdings sind diese Gesteine durch Wärme und Druck wieder so verändert, dass man sie kaum als Vulkangesteine erkennen kann. Im Schnitt von Nord nach Süd wirkt der Bereich wie ein Fächer, die Gesteinsschichten sind aufgestellt und „nach oben rausgequetscht“, wie es Nesbor anschaulich beschrieb. Erst durch den Bau des Schulwaldtunnels im Verlauf der ICE-Strecke Frankfurt-Köln sei diese Struktur den Geologen so richtig klar geworden.
Von Rhyolit und Meta-Andesit
Um das Alter der Gesteine zu ermitteln, werden darin enthaltene Zirkone, eine sehr beständigen Edelsteinart, datiert. Diese enthalten Uran. Und anhand der Zerfallsrate des Urans zu Blei kann das Alter festgestellt werden. Nesbor erläuterte auch kurz, wie die Geologen die Lage der Urkontinente zueinander, aber auch auf dem Globus feststellen können. Dazu werde die Ausrichtung von Magnetnadeln im Gestein gemessen, die bei der Entstehung der Gesteine festgelegt wurde. Hier im Steinbruch im oberen Nerotal zeigte Nesbor das geschieferte, ehemalige Vulkangestein, so genannten Rhyolith. „Eruptionen haben gigantische Mengen an Asche gefördert“, beschrieb Nesbor die ultraplinianischen Eruptionen von damals, die die Grundlage für die Gesteine von heute legte. Nur wenige hundert Meter weiter tritt ein anderes Gestein zutage, das zwar ähnlich aussieht, aber eine andere chemische Zusammensetzung hat. Beim intensiv geschieferten Meta-Andesit ist vor allem der Quarzanteil nur sehr gering. Die darin enthaltenen Glimmerminerale erlauben die Bewegung, die sich in der Schieferung ausdrückt. „Das Gestein ist durchgerührt wie Marmorkuchen“. sagte Nesbor scherzhaft, es werde darum auch als „Mylonit“ bezeichnet.
Bunte Schiefer und Leichtweißhöhle
Da die Exkursion nicht bis zum Haltepunkt „Bunte Schiefer“ des geologischen Rundwegs Rabengrund führte, hatte der Geologe einige Handstücke von dort mitgebracht. Es gebe eine große zeitliche Lücke zu den Ablagerungen der Taunuskammeinheit, sagte er. 90 Prozent aller jemals existenten Gesteine sei wieder abgetragen worden oder durch Bewegung weggekommen. Die hier gezeigten bunten Schiefer seien eine Stillwasserablagerung, die Farbe komme durch reduzierende (grün) oder oxidierende (rot) Verhältnisse zustande. An der Station Leichtweißhöhle warb Arnold für eine „Entmythologisierung“ der Person des Heinrich Anton Leichtweiß (1723-1793). Er sei zwar des Diebstahls und der Wilddieberei angeklagt gewesen, aber nachgewiesen worden sei dies nie. Nach seinem Zuchthausaufenthalt habe er sich unter einen Überhang im Nerotal zurückgezogen. Eine Höhle habe es damals noch gar nicht gegeben. Diese sei erst 1856, 1893 und 1983 entstanden und zum heutigen Zustand hergerichtet worden. Und an Heemskerks Ruh, einer malerischen Felsengruppe, erinnerte Arnold an den ehemaligen Vorsitzenden des Verschönerungsvereins Wiesbadens, Wilhelm von Heemskerk (1804-1883), und die Wiesbadener Wohltäterin Emma von Heemskerk.
Diese geologische Exkursion im Rabengrund wurde 2015 mit ihren 8 Haltepunkten vom Nassauischen Verein für Naturkunde eingerichtet. Ein Faltblatt „Geologischer Rundweg“ stellt die Haltepunkte vor. Sie sind auch auf einer Tafel an der Leichtweißhöhle dargestellt.
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