Von Gräsern, Gülle, Grünland, Grasnarbe und der Grünlichen Waldhyazinthe

Gemeinsame Exkursion von RNG und NVN zum Naturschutzgebiet „Die Wiesen am Hirtenborn“ bei Oberdiebach/Rheinland-Pfalz 

mit interdisziplinären Einblicken und botanischen/zoologischen Besonderheiten am Samstag, 8. Juni 2024

Die Futtergräser Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis), Honiggras (Holcus lanatus), Wiesenschwingel (Festuca pratensis), Wiesenrispengras (Poa pratensis), Deutsches Weidelgras (Lolium perenne), Goldhafer (Trisetum flavescens), Knaulgras (Dactylis glomerata), Glatthafer (Arrhenatherum elatius), Wiesenlieschgras (Phleum pratense), Weiche Trespe (Bromus hordeaceus) und Kammgras (Cynosurus cristatus) hielt der Exkursionsleiter eins nach dem anderen hoch und wies auf einzelne Merkmale hin. Hans-Jürgen Dechent, Biotopbetreuer der Stadt Mainz und des Landkreises Mainz-Bingen, Leiter des Arbeitskreises Botanik bei der RNG sowie zuständig für die Pflegemaßnahmen der RNG-eigenen Flächen führte die gut gelaunte Gruppe von etwa 20 Personen vom Treffpunkt in Richtung der „Wiesen am Hirtenborn“. Auf dem Weg kamen die botanisch Interessierten an unterschiedlichen Wiesen vorbei, die einst genauso artenreich waren wie die RNG-eigene Wiese. Doch durch Düngung und frühen Schnitt wurden viele Arten verdrängt. „Das passiert immer noch in der Landschaft“, beklagte Dechent. Bis vor einigen Jahren habe es immer noch Landwirte gegeben, die auf ihren Flächen gülleartige Substrate ausbrachten, zum Teil sogar aus anderen EU-Ländern. Aber es gebe zum Glück auch viele Landwirte, die zum Schutz artenreicher Wiesen beitrügen. Am Ziel angekommen wurde der Unterschied zu den anderen Wiesen deutlich. Schon beim Blick über die Naturschutzfläche konnte man unterschiedliche Vegetationsbereiche erkennen, die auf altes Grünland, das nie eingeebnet wurde hinweisen. „Ein Schlag, mehrere Vegetationseinheiten“, fasste Dechent zusammen.

Abbildung: Hans-Jürgen Dechent

Auf den wechseltrockenen, etwas basenhaltigen Stellen blühte gerade das kleine Mädesüß (Filipendula vulgaris). Der große Wiesenknopf liebt es eher feucht bis wechselfeucht, seine Blütenknöpfe waren noch nicht zu sehen. Der kleine Klappertopf (Rhinanthus minor) und auch der zottige Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus) als Halbschmarotzer an Gräsern würden oft eingesetzt, wenn in Grünland mit starkwüchsigen Obergräsern wieder mehr Lücken für Kräuter geschaffen werden sollen, erläuterte Dechent.

Abbildung: Kleines Mädesüß (Filipendula vulgaris)

Aus der Fläche leuchtete die Heidenelke (Dianthus deltoides) heraus, der Heilziest (Betonica officinalis) blühte gerade und das mittlerweile seltene Zittergras (Briza media) bildete stellenweise große Bestände. Dazwischen waren einige Blütenrispen der Grünlichen Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha) zu sehen. In staunassen Bereichen fanden sich viele Binsen- und Seggenarten zusammen mit Brennendem Hahnenfuß (Ranunculus flammula) und Hain-Vergissmeinnicht (Myosotis nemorosa).

Abbildung: Heidenelke (Dianthus deltoides)

Alexander Streb und Bastian Grimm erläuterten den geologischen Aufbau der obersten 2 Meter der Fläche. Sie hatten bei einer Rammkernsondierung festgestellt, dass die Grasnarbe hier 10 bis 12 cm dick ist, darunter folgt ein weiterer 10 cm dicker, stark humoser Horizont. Weitere 30 cm sind lehmig, schluffig in unterschiedlichen Anteilen und werden als Braunerde eingestuft. Hier finden sich Sanidin und Magnetit des Laacher See-Bimstuffs von dem Ausbruch des Laacher Sees vor rund 13000 Jahren. In etwa 50 cm Tiefe waren sie auf eine Schieferzersatzschicht gestoßen, die in unterschiedlicher Ausprägung bis in die erschlossene Tiefe von 2 Metern reicht. Diese weist Merkmale auf, die darauf hindeuten, dass der Schiefer bereits im Tertiär bei tropischem Klima verwitterte. Die oberes Schicht des zersetzten Schiefers weist auch Frosteinflüsse auf (Pelosol-Pseudgley-Frostboden). Durch fehlende Wurzelreste von Bäumen und fehlende „merkwürdige Inhaltsstoffe“ schließen die beiden Geologen darauf, dass sich diese Wiese möglicherweise aus einem nacheiszeitlichen natürlichen Weiderasen entwickelt hat und nie bewaldet war. Und auch hier wies Dechent auf weitere Gräser hin, wie das Borstgras (Nardus stricta), Vielblütige Hainsimse (Luzula multiflora), Bleiche Segge (Carex pallescens), Dreizahn (Danthonia decumbens), Echter Wiesenhafer (Helictotrichon pratense) Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa) und viele mehr.